Samstag, 15. Oktober 2016

Lieblingsszenen aus "Klausmüller der Erste"

Heute möchte ich euch eine kleine Szene aus "Klausmüller - Ein Esel sucht ein Pferd" präsentieren. Es ist die Schlüsselszene, die die Abenteuer mit Klausmüller erst ermöglicht, denn es ist der Moment, in dem Klausmüller durch eine Ritterrüstung rutscht und danach plötzlich sein lebloses stofftierisches Leben an den Nagel hängt, um von nun an lebendig und eigensinnig das Kommando zu übernehmen.
Garniert wird die Szene von einer meiner Lieblingszeichnungen, und zwar dieser hier:



Klausmüller, der Stoffesel meiner Protagonistin Klara, steckt also als attraktives Eselsgesicht in einer Ritterrüstung fest. Klara hat ihn dort scherzeshalber reingesteckt, nachdem sie die Figur in den Weiten des großen Hauses ihrer Tante entdeckt hat. Leider hat sie ihren Esel kurz darauf bereits vergessen, denn sie erblickt einen fremden Mann, der sich später als ein Freund ihrer Tante entpuppt, und den sie in dem Moment zu Fall bringt, in dem ihre Eltern und ihre Tante samt verwöhntem Schoßhund namens Precious dort auftauchen.

Hier nun setzt eine meiner kleinen Lieblingsszenen ein, in die ich euch eintauchen lassen möchte:

... Dann halfen Mama und Papa Tante Agnes dabei, Egon wieder auf die Füße zu stellen. Das erwies sich aufgrund der Länge von Egons Füßen und Beinen als gar nicht so einfach und benötigte ihre volle Konzentration. Was Klara zu ihrer Verteidigung zu sagen hatte, interessierte irgendwie keinen mehr.
Blöde Erwachsene, dachte Klara und wollte sich gerade davonschleichen, als sie bemerkte, dass jemand fehlte: Klausmüller.
Wo war er geblieben? Ratlos schaute Klara sich um. Da bemerkte sie Precious, der die eiserne Rüstung anknurrte.
Oh Schreck! Klausmüller saß ja noch im Ritter fest. Klara stockte der Atem, als sie das Visier der Rüstung erblickte. Wo war des Ritters Eselsgesicht? Klara sprang nach vorne und Precious zur Seite. Wo war Klausmüller? War er etwa abgerutscht und hockte nun im Fuß des Ritters? Da bemerkte Klara, dass dem Ritter eine samtweiche Eselschnute durch das Visier quoll.
Oh je! Armer Klausmüller. Schnell eilte Klara Klausmüller zu Hilfe und klappte das Visier hoch. Die Schnauze verschwand und den Ritter durchfuhr ein Poltern von oben nach unten. Starr vor Schreck blieb Klara stehen. Wie konnte sie nur so doof sein, das Visier hochzuklappen, ohne dabei Klausmüllers Maul festzuhalten! Jetzt lag Klausmüller im Fuß des Ritters. Wie sollte sie ihn da jemals wieder rauskriegen? Klara drehte sich zu den Erwachsenen. Mama und Tante Agnes bürsteten mit ihren Händen Egons Hose und Hemd ab. Dabei redeten sie unaufhaltsam. Und Papa stand vor Egon und entschuldigte sich ohne Ende.
„Klausmüller ist im Ritter!“ Klara deutete auf den Ritter. 
Die Gespräche verstummten.
„Wir müssen ihn da rausholen!“ Klara klappte das Visier wieder hoch.
„Klara!“ Das war Papa. Gesprächstechnisch hatte er heute nicht so viel auf Lager. Mama hingegen zeigte Verständnis für Klara und meinte, dass der Stoffesel doch irgendwie zu retten sein müsse. Schließlich gehöre der Ritter aufs Reittier und nicht das Tier in den Ritter. Dem stimmten die anderen zu. Und so griff Egon mit seinen langen Armen durch die rüstungsfreie Stelle am Ritterpo. Doch griffen seine Hände stets ins Leere. Klausmüller blieb verschollen. Und Tante Agnes wurde ungeduldig. Sie wollte endlich die Torte essen, die auf der Terrasse schon auf sie wartete. So wurde beschlossen, dass Egon sich später um die Rettung des Esels kümmern sollte.
Oh Mann! Klara konnte doch nicht den armen Klausmüller in der finsteren Rüstung zurücklassen! Klara blieb stehen. Doch dann traf sie der Blick von Mama. Da folgte sie, aber ziemlich langsam –, und als keiner sie mehr beachtete, kehrte sie um und eilte zu Klausmüller zurück. Hoffentlich würde ihr Fehlen nicht zu schnell bemerkt werden.
Klara überlegte: Sollte sie dem Ritter den Fuß abnehmen oder so wie Egon versuchen, über den Po des Ritters ins Innere zu gelangen? Vorsichtig schob sie ihre Hand am Ende des Ritterrückens ins Innere. Stück für Stück drückte sie sich weiter vor. Sie quetschte gerade ihre Achselhöhle an der Ritterhose und fuchtelte mit gestreckten Fingern im Inneren herum, als es im Ritterfuß zu poltern begann. Klara riss ihre Hand wieder raus und wich einen Schritt zurück. Der Ritter wackelte hin und her. Mit angehaltenem Atem starrte Klara auf den Ritter. Gab es Mäuse in Ritterrüstungen? Oder was war das gerade? Klaras Blick fixierte noch immer den Fuß des Ritters, als sie aus dem Augenwinkel eine Bewegung oberhalb ihres Kopfes wahrnahm. Sie hob ihren Blick und starrte auf das Visier, das sich kaum wahrnehmbar zu bewegen schien. Mit angespannten Muskeln machte Klara einen Schritt nach vorne, bereit, jederzeit zur Seite zu springen und abzuhauen. Ihre Finger näherten sich dem Visier, das sich tatsächlich immer wieder millimeterweit auf und ab bewegte. Sie sah, wie ihre Finger zitterten, als sie das kalte Metall des Visiers berührte. Vorsichtig hob sie es an.
„Ha!“, machte es von innen.
Klara sprang zurück und das Visier schnappte wieder zu. Dann ein Schrei und ein Poltern – erst oben, dann beim Po und dann unten im Fußraum. Klaras Augen folgten dem Gepolter. Jetzt war es still. Jetzt leichtes Scharren.
Und dann: „Mist!“
Das kam aus dem Fuß. Dort scharrte es jetzt auch wieder. Klara wich noch einen Schritt zurück. Vorsichtshalber.
„Klausmüller?“ Klaras Stimme zitterte. Sie hockte sich vor den Fuß.
„Wer denn sonst?“, antwortete der Fuß.
Darauf wusste Klara nichts zu sagen. Seit wann konnte Klausmüller sprechen? Und irgendwie schien er sich ja auch zu bewegen. Das gab es doch gar nicht. Klara schaute sich um. Die Kerzen flackerten immer noch gespenstisch. Das hier konnte nicht echt sein. Das war ein Traum. Oder?
Während Klara noch vor dem Fuß des Ritters kniete und ihn anstarrte, rappelte der Ritter ein paar Mal und ließ dann auf Höhe des Gesäßes verlauten, dass man Hilfe benötige.
Klara schaute hoch und entdeckte Klausmüllers Kopf da, wo der Oberschenkel des Ritters endete und der Rücken noch nicht begann.
„Klausmüller?“
„Klara?“, äffte die Stimme des Gesäßes Klara nach. Und die Stimme schien tatsächlich Klaras kleinem Esel zu gehören. Dieser erklärte nun, dass er wenig Lust habe auf dieses Namensfragespiel, und dass Klara ihm doch gefälligst einmal hinaushelfen solle. Schließlich sei es ja auch ihre Schuld, dass er hineingefallen war.
Schnell zog Klara Klausmüller aus dem Po des Ritters hervor. Doch hielt sie ihn mit einer Armlänge auf Abstand. Irgendwie war es unheimlich, wenn das eigene Stofftier mit einem Mal anfing, ein Eigenleben zu führen.
Plötzlich tauchte Papa auf.
„Spiel Stofftier!“, flüsterte Klara.
„Ich bin Stofftier!“
„Nicht sprechen, nicht bewegen!“
„Klara!“ Das war Papa. „Wo bleibst du denn?“
„Ich komme schon. Ich habe Klausmüller!“, rief Klara und wedelte mit Klausmüller am ausgestreckten Arm herum
„Lass das! Sonst kotz‘ ich.“
Ups! Erschrocken zog Klara ihren Arm zurück. Papa hatte Klausmüller zum Glück nicht gehört. Er fand es toll, dass Klausmüller wieder da war und vor allem, dass die Ritterrüstung noch stand.
Und so blieb es ein Geheimnis, dass Klausmüller nun lebendig war. Mama und Papa hätten das eh nicht verstanden und Tante Agnes und dieser Egon noch viel weniger ... 

Den kleinen Esel und seine Geschichte in voller Länge genießen könnt ihr sowohl auf dem Kindle als auch in papierener Form. 



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