Mittwoch, 13. November 2013

Achtung – die Torte kommt zurück! Slapstick rollt den Schneeball.

Gönne deinem Gegenüber einen Klecks Sahne und triff mitten ins Gesicht. Wetten, dass du eine Antwort erhältst – in Form einer Torte, leider auch mitten ins Gesicht. Dieses Agieren und Reagieren mit steigendem Erfolg bezüglich des angerichteten Chaos’ nennt sich gerne auch Slapstick. (siehe Sachwörterbuch der Literatur (Slapstick-Komödie)). Oft geht es dann in Richtung Klamauk und manch einer kugelt sich gleich den Protagonisten auf dem Boden (vor Lachen), andere finden, dass das Ganze jetzt in Richtung albern abdreht. Die Geschmäcker sind da halt verschieden.

Da Slapstick von schneller Aktion und Reaktion lebt, ist es häufig im visuellen Bereich angesiedelt. Helden hierin sind die „Männer ohne Nerven“ (wer kennt sie noch?) oder auch Stan Laurel und Oliver Hardy in „Dick und Doof“ (die kennt ihr aber noch, oder?). Wenn Stan Oliver auch nur am Hut zupft, weiß man, da folgt noch was. Häufig fangen Aktion und Reaktion mit zeitlicher Dehnung an, sodass wir uns innerlich schon mal vorbereiten können (Spannung). So grinst Stan seinen Kollegen gerne erst einmal an, nachdem er so mutig war (oder so trottelig) und Olli gepiekst hat und bevor Olli ihm eine Antwort (eine körperliche) auf diesen Mut gibt. Und dann können wir uns zurücklehnen und das sich immer weiter ausbreitende Chaos genießen.

Auch die Knopp-Trilogie weist Szenen mit Slapstick-Elementen auf. Und auch hier kommt hauptsächlich das Visuelle zum Tragen. So wird Knopp „[i]m Kapitel ‚Heimkehr’ […] mit Gegenständen konfrontiert, die eine scheinbare Aktivität erlangen, […]. Knopps Handlungsintention, eine Feuerquelle aufzufinden, wird opponiert von Gegenständen, die nun ein ‚aktives Milieu’(Klotz,V., S. 35) bilden. So hält der Küchenschrank seine geöffnete Tür bereit, das Milchgeschirr ergießt den Inhalt über Knopps Füße und schließlich schnappt die Mausefalle zu. Doch Knopp verfolgt unbeirrt sein Ziel.“ (Brüning, P., S. 76)
 
 S. 249
 
Gerade diese Unbeirrbarkeit Knopps zieht uns die Mundwinkel mal wieder in die höheren Lagen des Gesichts. Wahrscheinlich könnte das Haus unter den Füßen weggesprengt werden – Knopp würde weitersuchen. Und diese Absurdität ist es, die uns zum Lachen animiert. Wir verlachen Knopp für die Fehler, die ihm bei seiner Suche widerfahren und freuen uns, dass wir hier schön sitzen und nur Betrachter dieser Szene sind – und wären wir selbst in der Szene gewesen, hätten wir uns natürlich viel geschickter verhalten – denken wir und übersehen dabei schon den nächsten Fettnapf, der für uns bereitsteht.

Slapstickeinheiten arbeiten oft mit dem „Schneeballeffekt“ (Bergson, S. 54-57). Denn wenn ich nur mal kurz an deinen Haaren zupfe und du bei mir daraufhin gleich sämtliche Karate-Tricks anwendest, bin ich schon sehr froh, wenn ich von meiner benachteiligten Position in Bodennähe erkenne, dass just meine Freunde um die Ecke kommen;). Wenn das man kein Schneeball mit Lawinenpotential ist!

Auch Mickefett (dieser Bursche ist uns schon im letzten Post durch Julchens Fenster geklettert) schafft es, bei Familie Knopp den Schneeball ins Rollen zu bringen. Denn nachdem das vermeintliche Julchen sich als deren ältliche Tante entpuppt hat, kommt der Schneeball mit Tantchens Geschrei und Klingelei so richtig in Fahrt – und Familie Knopp ins Zimmer. Das Chaos, das dann angerichtet wird, sieht man hier:

 S. 314
 
Doch hat Mickefett noch Glück und kann sich aus dem sich prügelnden Haufen befreien und unerkannt zum Fenster entkommen – leider mit einer Rose zwischen den Beinen. Tja …

 S. 315
So, liebe Leute, ich wünsche euch viel Spaß beim Ausprobieren des Schneeballeffekts von Slapstickelementen – und schließt vorher eine Krankenhaustagegeldversicherung ab;).
Bis bald
eure Pebby

Bergson, Henri: Das Lachen. Ein Essay über die Bedeutung des Komischen. Zürich: Die Arche 1972.
Brüning, Petra: Die Knopp-Show bei Wilhelm Busch. Funktionsweisen der Komik in Wilhelm Buschs Knopp-Trilogie. Hamburg: Diplomica 2013.
Busch, Wilhelm: Sämtliche Werke II. Was beliebt ist auch erlaubt. Hrsg. von Rolf Hochhuth. München: Bertelsmann 1982.
Klotz, Volker: Was gibt’s bei Wilhelm Busch zu lachen? In: Die boshafte Heiterkeit des Wilhelm Busch. Hrsg. von Michael Vogt. Bielefeld: Aistesis 1988. S. 11-49.
Wilpert, Gero von: Sachwörterbuch der Literatur. 8. verb. Auflage. Stuttgart: Kröner 2001.

 

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