Ich lach mich schlapp! Das ist ja schließlich gesund.
Doch sind nicht immer alle Beteiligten einer komischen Szene so glücklich taumelnd wie
diejenigen, die vor Heiterkeit schon rot anlaufen und deren mit Lachtränen getränktes Mascara
mal wieder das Outfit versaut. Wenn es jemanden gibt, der in einer komischen
Szene nicht mitlacht, so mag es daran liegen, dass sein Humor ein anderer ist,
es mag aber auch sein, dass er ganz einfach das Opfer der Lachattacke ist und
ihm darum das Lachen nicht so ganz glücken will.
Genau so ein Opfer setzt uns Wilhelm Busch mit seinem kleinen, rundlichen Knopp vor die Nase. So wird Knopp in dem Kapitel
„Ländliches Fest“ (S. 170-176) der Knopp-Trilogie eine für ihn bittere und peinliche Lektion erteilt. Denn Knopp glaubt auf diesem Fest mit einer
grandiosen Tanzeinlage zu glänzen. Doch leider ist dem gar nicht so. Nicht seinem Können gebührt die ausgelassene Heiterkeit.
Während Knopp alles gibt, merkt er leider nicht, dass das breite Grinsen der
Zuschauer nicht Bewunderung zum Ausdruck bringt, sondern dass sie sich über
etwas amüsieren, wovon Knopp keine Ahnung hat. Ein Schweine-Ringelschwanz
verleitet die Zuschauer zur Erheiterung, ein Schweine-Ringelschwanz an Knopps
Frack, festgebunden ohne Knopps Zustimmung (schließlich weiß er nichts davon)
von dem frechen Franz
Und der ahnungslose Knopp wiegt sich nun in der
Bewunderung, die keine ist und gibt sich elegant mit einem Teil an seinem
Hintern, das jede Eleganz ins Gegenteil verkehrt. Und der Erzähler verschärft
noch Knopps Lächerlichkeit, indem er mit Ironie und Augenzwinkern sagt: „Doch
die höchste Eleganz / Zeiget er im Solotanz.“ (S. 173).
Erst als Knopp dann auch noch die Hose platzt (wieder einmal
ist daran der Franz schuld), wird Knopp sich der Peinlichkeit bewusst und ihm
bleibt nichts anderes übrig, als erst einmal auf "Die stille Wiese“ (S. 177-181) zu
flüchten, um dort die Löcher in der Hose und die Wunden auf seiner Seele zu
stopfen. Doch natürlich endet auch das Kapitel ziemlich schlecht für Knopp und
so kommt es zu dem stets sich ähnlich wiederholendem Satz am Ende eines jeden
Kapitels des ersten Buches: „Schnell verlässt er diesen Ort / Und begibt sich
weiter fort.“ (S. 176)
Welche Bedingungen müssen gegeben sein, damit aus dem
harten Verlachen ein identifizierendes Mitlachen wird? Zum einen kann es
bereits am Thema liegen. Eine Begebenheit, in die wir uns hineinversetzen
können, weil sie uns aus unserem täglichen Umgang vertraut ist, die uns selbst
vielleicht schon widerfahren ist, verleitet uns viel mehr dazu, uns mit dem
Geschehen und deren Protagonisten zu identifizieren als ein festgebundener
Schweineschwanz an der Jacke. Das wird uns auf dem nächsten Schützenfest wohl
nicht passieren (es sei denn, es findet jetzt Nachahmer;)).
Weiterhin wichtig ist die Haltung, die unser Komik-Opfer
selbst einnimmt. Während Knopp beim „Ländlichen Fest“ doch einer ziemlichen
Selbstüberschätzung unterliegt (was bildet dieses unförmige Kerlchen sich ein,
eine Augenweide der Eleganz zu sein!), die wir gerne abstrafen (siehe hierzu
auch Blogeintrag vom 01.10.2013), findet Knopp in einer anderen Szene eher unsere
Anteilnahme und unser Lachen wird milder.
Diese andere Szene findet sich im Kapitel „Eine unruhige
Nacht“ (S. 277- 281). Dieses Kapitel liefert vielen von uns (mir jedenfalls) Identifikation
stiftende Nachvollziehbarkeit, denn es geht um die Schlaf raubenden Nächte
frischer Eltern (die danach nicht mehr ganz so frisch sind ;)). Knopp handelt
in diesem Kapitel nicht selbst überschätzend lächerlich, sondern fremdbestimmt verzweifelt
(durch Julchens Geschrei). Und das löst in uns kein hartes Verlachen aus,
sondern ein mitfühlendes Mitlachen. Knopps nächtliche Aktivitäten, um Julchens
Schrei-Knopf auf die Off-Position zu drehen, kommen einem irgendwie vertraut
vor. Egal, ob nächtliches Getränk oder Toilettengang, „Julchen macht: ‚Rabä,
rabä!’“ (Busch, W. S. 279). Und im Vergleich zum „Ländlichen Fest“ setzt Busch dieses
Mal seinen Erzähler anders in Szene. Ist er beim Fest noch distanziert und
ironisch (s. o.), so ruft er hier mit Figurenperspektive (Knopp) aus: „Lieber
Gott, wo mag’s denn fehlen? / Oder sollte sonst was quälen?“ (Busch, W., S.
279). Na, wenn der Ausruf nicht nachvollziehbar ist …
Ihr seht also: ein nachvollziehbares Thema, eine sympathisch
handelnde Figur und ein Erzähler, der auf Figurenebene agiert, der sich nicht –
das Geschehen distanzierend – zwischen die Figuren und dem Leser schiebt, kann aus
einem harten Verlachen ein mildes Mitlachen machen.
Wenn ihr also jetzt auf die Weihnachtsmärkte stürmt und euch von Bude zu Bude voran arbeitet, seid auf der Hut, wenn euch heitere Aufmerksamkeit zuteil wird!
Ich wünsche euch allen einen schönen Weg durch die
Adventszeit!
Liebe Grüße
Eure Pebby
Busch, Wilhelm: Sämtliche Werke II. Was beliebt ist auch
erlaubt. Hrsg. von Rolf Hochhuth. München: Bertelsmann 1982.